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CardioCeption

Der Begriff Cardioception meint Herzwahrnehmung. Nicht in einem passiven Sinne eines etwa störenden Herzstolperns (Palpitation, Tachyarhythmie), sondern in der fruchtbaren Weise aktiver Ausrichtung des Wahrnehmungsfokus auf die Herzbewegung. Unser Gehirn ist das Organ zum Begreifen. Dies ist wörtlich zu verstehen. Der menschliche Neocortex ist von der Hand dominiert. Dieses zum Begreifen fähige Gehirn hat uns in Riesenschritten zum Homo technologicus gemacht. Wir haben zunächst großes handwerkliches Geschick dank unserer Hände entwickelt, und schließlich für das so Begriffene eine technologische Wirklichkeit errichtet. Wir stehen in der Gefahr, dass in dieser Weltsicht die nicht mit den Händen greifbaren Bewegungen des Menschen nicht mehr vorkommen oder auf Begreifbares (das heißt Materielles) reduziert werden. Mitgefühl, Freude, Verzeihen, Hoffnung, Verehrung sind nicht begreifbar und doch letztendlich wesentlicher, als das, was ich anfassen und handhaben kann.

Kann uns paradoxerweise die Errungenschaft des Homo technologicus dabei helfen, uns den Zugang zur wesentlichen Wahrnehmungsschicht des Herzens zu erleichtern?

Ohne allzu große Vereinfachung könnte man das Gehirn als ein Wahrnehmungsorgan für Vergangenes bezeichnen. Damit ist nicht nur die Erinnerungsfähigkeit gemeint, tatsächlich ist alles, was wir im Spiegel des Gehirns als Gegenwart erleben, immer schon Vergangenheit. Weiter oben wurde gezeigt, dass die erlebte Bewusstseinsgegenwart immer nach dem Feedback des Körpers und dem Abgleich mit vorher Erfahrenem errechnet und »rückdatiert« wird.

Beim Herzen ist dies anders. Alles lebendige Flüssige bildete einen einzigen komplexen Zusammenhang, zu dem auch das Herz selbst gehört. Seine Wahrnehmungsart unterscheidet sich von derjenigen des Gehirns. Während im zentralen Nervensystem Information - wenn auch komplex – gespiegelt wird, ist die Herzwahrnehmung eine Selbstwahrnehmung der Eigentätigkeit, hinter der stets der Impuls zum Ausgleich von Extremen besteht.

Betrachten wir dies im Bild eines tanzenden Paares. Über das Auge mit Informationen versorgt, würde das Gehirn registrieren, wenn der Tanzpartner - nach hinten fallend - sich von uns wegbewegt. Die Eigenwahrnehmung unserer eigenen verstärkten Muskeltätigkeit hingegen würde - Wahrnehmung und Handlung ineins - die Gleichgewichtslage der Tanzenden wiederherstellen. Diese Eigentätigkeit wahrzunehmen gibt mir kein (Vorstellungs-) Bild einer mir äußerlichen Umwelt. Vielmehr erfahre ich mich als aktiv tätigen Mitmenschen meiner Mitwelt.

So arbeitet das Herz.

Solange der Mensch gesund und offen für seine Mitwelt ist, passt das Herz - mit jedem einzelnen Herzschlag neu - seine Schlagfrequenz an seine lebendig flüssige Mitwelt an. In nicht begreifbarer aber unmittelbar einleuchtender Weise wird es damit zum Wahrnehmungsorgan für alles, was sich im lebendigen Leib abspielt. Durchschnittlich vergehen 0,8 Sekunden zwischen zwei Herzschlägen. Diese Zeit wird als IBI (Inter Beat Interval) bezeichnet und in Millisekunden angegeben. 0,8 Sekunden Abstand zwischen zwei Herzschlägen entsprechen einer Herzfrequenz von 75 Schlägen pro Miniute (beats per minute BPM) und einem IBI von 800 msec (Millisekunden). Verlängert sich dieses Intervall von Herzschlag zu Herzschlag, dann wird die Pulsfrequenz langsamer, verkürzt sie sich, schlägt das Herz schneller.

Zuerst wurde die Bedeutung dieses physiologischen Schwankens der Herzfrequenz als ein Zeichen für Gesundheit der Feten am Ende der Schwangerschaft entdeckt. Man beobachtete, dass ein starrer, gleichmäßiger Puls mit einer hohen Gefährdungslage der Kinder im Mutterleib einherging. Waren die Abstände der Herzschläge und damit die Frequenz variabel, so wies dies auf eine gute Gesundheit hin. Freilich sind diese Erkenntnisse nur für die wissenschaftliche Medizin der Moderne neu. Die Pulsdiagnostik der chinesischen Erfahrungsheilkunde weist bereits seit einigen Tausend Jahren darauf hin, dass ein starr regelmäßiger Puls auf eine krankhafte Situation hindeutet. Die Theorie der modernen westlichen Medizin bestand hingegen noch bis vor 30 Jahren darauf, dass das gesunde Herz eines Menschen über 35 Jahren regelmäßig schlägt, und bezeichnete die durch die Wechselwirkung von Atmung und Herzschlag ausgelöste Hauptvariabilität als respiratorische Sinusarhythmie. Diese galt (und gilt manchmal immer noch) als Hinweiszeichen für neurovegetative Labilität.

Diese Auffassung hat sich radikal verändert, seit man weiß, dass eine große Anzahl gesundheitlicher Faktoren mit der Variabilität der Herzfrequenz (HRV – Heart Rate Variability) positiv korreliert ist. Nun ist Variabilität alleine noch kein allein bestimmender Faktor von Gesundheit, wie man leicht an den Folgen eines nur unregelmäßigen Herzschlages (Arhythmie) erkennen kann. Es braucht also in der Variabilität wiederum eine Zusammenhang schaffende Ordnung, die man als Kohärenz bezeichnet.

Vier mögliche Kombinationen kommen in unterschiedlichen Gewichtungen vor: niedrige Variabilität und niedrige Kohärenz: der fatale Zustand des Zusammenbruch der Energieressourcen.

niedrige Kohärenz und hohe Variabilität: die pathologische Entwicklung in Richtung Chaos

niedrige Variabilität und hohe Kohärenz: die pathologische Entwicklung in Richtung Starrehohe Kohärenz bei hoher Variabilität: der Zustand, der mit hohem Energielevel und Gesundheit im Sinne der Fähigkeit zum Gesunden einhergeht.

Meditation-Herzkraftfeld

Meditation ist ein heikles und - so paradox das klingt - emotional aufgeladenes Thema. Viele scheinen so sicher zu wissen, was Meditation ist, dass ihr zustimmendes oder abfälliges Urteil unmittelbar bereit zu stehen scheint und ungefragt abgegeben werden muss. Unter den manchmal schwärmerischen Befürwortern finden sich nicht selten Menschen, für die jedes stille Dasitzen und Hinwegdämmern Meditation ist. Nicht selten habe ich mir anhören sollen, wie Menschen nicht nur verzückt ihr eigenes Dösen, sondern auch das ihrer Katzen als Meditieren beschrieben. Für Andere scheinen eine bestimmte Körperhaltung ('Lotussitz'), Duft- und Farbstimmungen (von 'Räucherstäbchen' über 'Weihrauch' hin zu 'Farblichtmeditationen') und Devotionalien (heute möglichst anderer - zumeist unvertrauter und unverstandener - Kulturen) eine willkommene Gelegenheit darzustellen, ihre religiösen Gefühle jenseits der ihnen vertrauten und oft nicht mehr tragenden Religionen zu reaktivieren. Eine dritte, vergleichsweise kleine Gruppe übt sich darin, ihr Bewusstsein für eine bestimmte Zeit auf einen Inhalt ('Mantram', Netz zusammenhängender Gedanken, Zitate aus der Bibel) zu konzentrieren. Wer gewöhnlich abfällig oder überheblich über Meditation spricht, meint immer eine dieser drei 'Meditationenweisen': wenig Negatives über die letztgenannte Gruppe, 'Spinner', 'Buddisten', 'Hippies' über die zweite und ein müdes Lächeln über die erste.

Höchstwahrscheinlich stimmt es, dass wir Menschen - unserer ursprünglichen Natur gemäß - Forscher sind - Erkenntnis suchende. Dahinter scheint unser grundsätzliches Entfremdungsgefühl der Welt gegenüber zu stehen. Kein äußeres Glück, weder Wohlstand noch soziale Anerkennung, keine Manipulation vorgeblicher Sicherheit, keine Versuche, Alter und Krankheit zu leugnen oder zu verdrängen, scheinen diesem Entfremdungsgefühl für mehr als eine kurze Zeit der Betäubung Einhalt gebieten zu können.

Tiefes religiöses Empfinden, das im Westen gleichwohl eine große Seltenheit geworden ist, kann diese Sicherheit und Beheimatung wohl bewirken. Künstlerisches Schaffen auch. Beides hebt Entfremdung (und damit quälende Sinnfragen) auf und führt den Menschen zu einer Grundempfindung von Bedeutung. Beide Wege werden Wenigen vorbehalten sein. Ein dritter - für die meisten Menschen gangbarer - Weg ist Meditation, insofern sie der Weg der Freude an forschender Erkenntnis der Prozesse ist, die das menschliche Bewusstsein hervorbringen und hervorbringt.

Religiöse Ritualisierungen und Glaubensforderungen, das 'Kreativität' genannte Pseudokünstlertum des 'Sachenmachens' und eben auch die genannten Formen von Quasimeditation verhindern diese Freude des auch noch als Erwachsener staunend neugierigen Fragens und Forschens. Sie alle haben eine gleichartige Wirkung: sie mindern ein wenig die emotionale Last des Alltags, manipulieren dabei nicht unerheblich und bestimmten legalen und illegalen Drogen nicht unähnlich die Serotonin-Spiegel des Gehirns. Sie wirken sedierend und - ich meine dies wörtlich - machen die Menschen 'stoned'.

Meine Vorsicht und Zurückhaltung beziehen sich also nicht auf Meditation im Allgemeinen, sondern darauf, auf welche Weise sie geübt wird. Wenn sie uns hilft, einen Zugang zur authentischen Natur unseres Geistes zu gewinnen, ist sie von unschätzbarem Wert. Wenn sie aber - wie zurzeit noch weitestgehend - der Vermeidung dient, wirkt sie selbstdestruktiv und kostet uns neben der vergeudeten Zeit auch noch die dabei verlorene Lebensenergie. Wenn wir uns erst einmal an eine Vermeidungshaltung gewöhnt haben, werden wir abhängig davon. Wenn Quasimeditation erst einmal dazu geführt hat, dass ein mickriges oder scheiterndes Selbstempfinden gemindert wurde, ist man abhängig davon geworden. Man hat die Erfahrung gemacht (und nicht selten Schuldgefühle dabei erlebt), wie schlecht es einem geht, wenn man einmal nicht zum 'Meditieren' gekommen ist. Freude an der Erkenntnis steht der Vermeidung emotionalen Schmerzes jedoch diametral gegenüber. Durch Atemmanipulation, Trommeln, Trancetänze, Gemeinschaftsstimmungen, Düfte und bestimmte Körperhaltungen ist es nicht schwer, eine Unzahl psychoaktiver Substanzen im Gehirn freizusetzen, die wie von außen zugeführte psychoaktive Substanzen auch relaxierend, sedierend und 'harmonisierend' wirken. Leichte visuelle und akustische Halluzinationen sind dabei möglich, die von manchen Adepten peinlicherweise auch noch als Erleuchtungen missinterpretiert werden. Die Erfahrung zeigt, dass bereits nach nicht allzu langer Anwendung solcher ‚meditativer Techniken‘ Autonomie - Selbstbestimmung und Initiative - leiden und wie bei anderen Vermeidungstechniken und Drogen die Entwicklung depressiver Zustände gefördert wird.

Nicht selten werben Gruppierungen oder Institutionen, die Quasimeditation anbieten gerade damit, dass ihre Methoden ‚Alpha‘ oder ‚Theta‘-Zustände hervorzurufen in der Lage sind. Neuerdings werden diese durchaus zutreffenden Aussagen auch mit QEEG-Aufzeichnungen belegt. Die geneigte Leserin und der geneigte Leser werden selber verstehen, dass Alpha- und vor allem Thetazustände gerade die Bereiche sind, in die wir flüchten, indem wir unser waches Empfinden dämpfen. Dass wir dabei Endorphine (köpereigene Morphine) ausschütten, haben sie verstanden. Dass man davon regelrecht abhängig werden kann, ist leicht nachzuvollziehen.

Wie schwer es ist, einmal eingeschlagene Vermeidungswege aufzugeben, wissen wir alle zur Genüge. Weist uns jemand - rational - darauf hin, verstärkt dies nur unsere - irrationale - Abwehr. Der Entzug von Quasimeditation unterscheidet sich vom Drogenentzug nicht grundsätzlich.

Es ist nicht ganz einfach, diese Pseudozustände von den authentischen Möglichkeiten der Natur des menschlichen Bewusstseins begrifflich sauber zu unterscheiden. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass einige eigentlich brauchbaren Begriffe stark religiös geprägt oder altertümlich geworden sind. Seligkeit ist ein solcher Begriff. Das amerikanische ‚bliss‘ ist so angenehm neutral wie auch der Sanskrit-Begriff ‚annanda‘, die beide Seligkeit bedeuten.

Es klingt nicht unmittelbar akzeptabel, wenn man davon spricht, dass die ursprüngliche Natur des menschlichen Geistes ‚Glückseligkeit‘ ist. Und doch gelingt es mir nicht, es adäquater auszudrücken. In der Glückseligkeit dürfen Trauer, Schmerz, Angst, Wut, Ärger, Armut, Langeweile und jedes andere Gefühl ebenso vorkommen wie jede andere Erscheinung des ganzen Universums. Das ist Glückseligkeit: dass wir nichts betonen und nicht unterdrücken müssen. Dass wir ganz im forschenden und fragenden Wachsein verweilen können. Dass wir erkennend eins werden mit allem. Dass ein Erkenntnisweg Allgegenwart verwirklicht.

Dies möchte ich als Meditation bezeichnen und sie klar unterscheiden von den angeführten Formen der Quasimeditation, die zu illusorischer Seligkeit (Sanskrit: ‚samsara‘) führen. Quasimeditation strebt in der einen oder anderen Form ‚Scheuklappen‘ der Bewusstwerdung an. Wenn man an einem ‚Mantram‘, einem ‚Inhalt‘, einer ‚Technik‘ hängen bleibt, unterbindet man einige oder die meisten der Achtsamkeit zugängliche Bereiche. Meditation aber dehnt aus, öffnet, weitet, schärft, präzisiert das Bewusstsein eines Menschen. Nicht nur pseudoseligmachende, auch andere Arten der Illusion können nach und nach durchschaubaren, vor allen anderen aber die Illusion, die wir uns im Laufe einer Biographie als unser subjektives ‚Ich‘ aufgebaut, regelrecht zusammenmontiert haben.

Vielen ‚spirituellen‘ Menschen steht neben der Pseudomeditation auch noch ihr idealistischer Helferwille zu Hand, um Gewahrsein zu vermeiden. Dass diese Haltung der karitativen Ablenkung direkt zum Burnout führen kann, wurde aus der bisherigen Darstellung wahrscheinlich überdeutlich. Hilfe zur Selbsthilfe hingegen - das ursprünglich Konzept der Salutogenese - ist nicht nur für den ‚Geholfenen‘ langfristig viel erfolgreicher, es fordert auch den Helfer zur Selbsterkenntnis heraus. Anderen zu dienen kann Ausdruck einer allumfassenden Liebe sein. Es kann auch eine Möglichkeit sein, das Bewusstwerden des eigenen emotionalen Schmerzes und/oder der eigenen Bedürfnisse zu vermeiden. Dem liegt meist eine stark vermindertes oder kaum zugelassenes Bewusstsein der eigenen Beweggründe zugrunde. Wenn man bei hoch engagierten Menschen diesen Bereich fragend tangiert, kann einem zuweilen eine Welle des Entsetzens und der Wut entgegenschlagen, die uns die Strategie der Vermeidung unmittelbar vor Augen führt. Da in einigen Gruppierungen diese Fragen gemeinschaftlich vermieden werden, entwickeln sie ‚burgartige‘ Verteidigungsstrategien gegenüber möglichen Fragen, die ihre unbewussten Motive betreffen. Ein freier Umgang mit der Frage der Beweggründe des Dienens offenbart uns hingegen einen freien Geist, der bestimmte durchaus naheliegende Fragen nicht zu vermeiden versucht.Es ist naheliegend, emotionalen Schmerz zu vermeiden. Wie im Grundlagenkapitel ausführlich erläutert, ist unsere Wahrnehmungsorganisation geradezu darauf getrimmt, Angst und Schmerz auslösende Situationen so rechtzeitig und sogar antizipierend zu registrieren, dass uns ihre Vermeidung möglich wird. Hier unterscheiden wir uns nicht von der Haltung höherer Säugetiere.

Auf dem Weg zur Freiheit jedoch ist dieses biologische Erbe eine Fußangel. Wir streben Glückseligkeit an. Jeder von uns. Selbst der, der dies leugnet und seinen Idealismus darüber stellen will. Durch Vermeidung bestimmter Bereiche unseres Bewusstseins, durch Leugnung, Verdrängung, Unterdrückung, selbst und gerade dann, wenn diese im Kleide hoher Ideale auftreten, unterliegen wir der Illusion vorübergehender Zustände reduzierter Angst und verminderten emotionalen Schmerzes. Aber wie unschwer zu beobachten ist, führt dies immer tiefer in die Verstrickung hinein und endet schließlich in Zuständen, für die wir Begriffe wie Burnout oder Depression gebrauchen.

Meditation hingegen ist offen. Unser Bewusstsein bewegt ich auch dorthin, wo die Angst und der Schmerz lauern. Selbstgewahrsein hat keine Tabuzonen.

Meditation heute macht uns wach, überwach.

Ein von nunmehr über 2500 Menschen geübter Weg der Bewusstseinsforschungs mittels Meditation ist die hier vorgestellte Methode: die Entwicklung des Herzkraftfeldes.

Alle Einzelheiten hier finden Sie in dem Buch von

Dr. Fritz Helmut Hemmerich:

Meditation Herzkraftfeld

BRAC
Rhythmus & Pausen

Ein Soliton, eine Integrationswelle kommt unter den besonderen Umständen zustande, wenn eine Vielzahl von Partialrhythmen in ihrer Frequenz so kohärent zusammenstimmen, als ob sie einen einzigen Klang bilden würden. Es ist ein wenig so, wie in der Einstimmungsphase eines Synphoniekonzertes, wo wir zunächst viele einzelne Klänge hören und für einen Augenblick ein einziger Integralklang entsteht, wenn der erste Geiger zufrieden ist. In diesem Augenblick scheint das Orchester mehr zu sein, als die Summe der Einzelinstrumente und ihrer Musiker. Unser Alltagsleben gleicht hingegen oft einem Klang der entstünde, wenn der erste Geiger – der Klangintegrator – nicht anwesend wäre, der Dirigent – unser intentionales ich – abwechselnd intensiv einzugreifen versucht und immer wieder erschöpft und ohnmächtig diesem Mißklang aufgäbe. Alle Einzelinstrumente mögen dabei korrekt und leidenschaftlich gespielt werden. Der Mangel an Abstimmung jedoch verhindert die Leichtigkeit des Gelingens für den Dirigenten vollständig.

Die einzelnen »Instrumente« des Körperorchesters sind zum Teil bereits recht gut erforscht. Man kann sie grob in drei Gruppen einteilen. Die schnellen Rhythmen, deren Perioden im Bereich von weniger als einer Sekunde liegen, finden wir vor allem im Bereich der Signalverarbeitung, also im Neurosensorischen System. Die mittleren Rhythmen mit Perioden im Sekunden- und Minutenbereich beherrschen Atmung und Kreislauf, also das Kardiovaskulär-Respiratorische System. Verdauungs-, das heißt Energiegewinnungs-, Erholungs-, Heilungs- und Lernprozesse sind an Rhythmen gebunden, die im Periodenbereich von Stunden bis Wochen liegen. In traditionellen Kulturen werden die mit der Gesundung zusammenhängenden langwelligen Rhythmen durch die sozialen Vereinbarungen von Tages-, Wochen- und Jahresrhythmen gepflegt. Dies war auch in den westlichen Kulturen bis vor wenigen Jahren in beschränktem Umfang so und ist es noch zum Teil in ländlichen Regionen. Urbane Welten hingegen fördern ein Klima sogenannter Spontaneität, in der es als Ideal gilt, hedonistischen Impulsen möglichst ohne Aufschub folgen zu können. Parallel dazu breitet sich ein Gesundheitsmarkt aus, der die dadurch entstehenden Gesundheitsdefizite durch ein nicht säkuläres Übungsprogramm auszugleichen versucht (Yoga, Tai-Chi, Pilates...). Viele dieser Übungsprogramme beruhen auf mehr oder minder starren Vorschriften, dier meisten beziehen die Atmung so mit ein, dass der Atemrhythmus einem vorgegebenen Puls entsprechend manipuliert wird. Auch der größere teil der Übungsprogramme für HRV benutzt ein sogenanntes Atem-Pacing, darunter versteht man eine metronomartige Atemfrequenzvorgabe im Bereich von sechs Atemzügen pro Minute. Dadurch wird der Variabilität des herzrhythmus durch die Atmung die feste Frequenz von 0,1 Hertz aufgeprägt. Dies hängt damit zusammen, dass sich im Rahmen vieler Studien gezeigt hat, dass ein Schwanken der Herzfrequenzvariabilität im Bereich um 0,1 Hertz mit einer ausgeglichenen neurovegetativen Lage einhergeht.

Übertragen auf unser Orchesterbeispiel ist das so, als ob die hauptsächlich rhythmustragenden Instrumente der Beliebigkeit anheimgestellt wären und die mittleren Rhythmen ersetzt würden durch die Mechanik eines Metronoms. Das Zusammenstimmen im Sinne eines Solitons, und damit einer nahezu unerschöpflichen Kraftquelle wird damit nicht gefördert. Es kann im Gegenteil eine weitere Streßquelle entstehen, einerseits durch die Einpassung dieser Kurse in den ohnehin meist schon überlasteten Alltag und andererseits durch die ungeeignet starren Eingriffe selbst.

Wenn durch groß angelegte Studien gefunden würde, dass die durchschnittliche Schaukelfrequenz von Kindern im Bereich von 0,5 Hz läge, was durchaus realistisch ist, was geschähe wohl, wenn Eltern versuchen würden ihr einzelnes Kind so anzuschubsen, dass sie wie von einem Metronom angetrieben alle zwei Sekunden der Schaukel einen Stoß geben würden? Mit Ausnahme ganz seltener Glücksfälle würde die ganze Palette von verdorbenem Schaukelspaß bis hin zu schweren Stürzen geschehen. Niemals kann ein in der biologischen Streuung verdurchschnittlichtes Maß als Anleitung zur Rhythmisierung des Einzelnen gelten. Hinweise wo man etwa mit dem eigenen Versuchen beginnen könnte, lassen sich gleichwohl daraus ableiten.

Durchschnittliche 90-Minuten Rhythmen gestalten einen gesunden Schlaf. Ein solcher 90 Minuten Rhythmus findet sich auch tagsüber. Er wird Basic-Rest-Activity-Cycle (BRAC) genannt. Die physiologischen Forschungen hierzu sind nur wenige Jahrzehnte alt. Die gesundheitsfördernde Wirkung eines rhythmischen Wechsels extensiver und intensiver Tätigkeit ist hingegen seit vielen Jahrhunderten Bestandteil traditioneller Kulturen. In formal vollendeter Form findet man sie beispielsweise in der im 5. Jhdt. Nach Christus von Benedictus geprägten Klosterregel des Tagesablaufes. Auch hier gilt das oben Gesagte: die meisten von uns werden sich weder kollektiv zur Klosterglocke im Gebet versammeln noch auf den Ruf des Muhezin nach Osten verbeugen wollen. Die Erkenntnisse der Chronobiologie hingegen für eine individuelle Tagesplanung zu benutzen, kann unsere Ich-Stärke fordern und fördern.



Mein Vorschlag: Nehmen Sie einen freien Tag in Ihrer gewohnten Umgebung, in einem möglichst gut ausgeschlafenen Zustand. Machen Sie sich alle 15 Minuten eine kurze Aufzeichnung darüber, wie hoch sie Ihren Wachheitsgrad (Vigilanz), Ihre Leistungsbereitschaft und Ihr Ruhe- oder Rückzugsbedürfnis einschätzen. Benutzen Sie dazu eine Skala von 1 - 7. Tragen Sie diese Werte wie im nebenstehenden Beispiel mit drei verschiedenen Farben in ein Diagramm ein, das Ihnen den Tagesverlauf dieser Parameter zeigt. Sie werden sehen, dass sich ein Rhythmus durch Ihren Tag hindurchzieht, dessen Periodendauer zwischen 80 Minuten und zwei Stunden liegen wird. Ausgehend davon können Sie nun beginnen einige zusätzliche kurze Pausen in Ihre tagesplanung aufzunehmen. Immer dann wenn der Wachheitsgrad und die Leistungsbereitschaft gering, Ruhe- und Rückzugsbedürfnis hoch sind, können Sie für sich eine kurze Pause vorsehen. Wenn ich dies mit den Burnout Betroffenen bespreche, kommt routinemäßig und automatisch eine bestimmte Reaktion: dass das unter ihren jeweiligen speziellen beruflichen, organisatorischen oder zeitlichen Bedingungen absolut unmöglich praktisch umzusetzen sei. Selbstverständlich könnte man davon träumen, dass ein Leiter eines Unternehmens oder einer Institution dies liest, und so erfolgreich sein möchte, dass er die räumlichen und organisatorischen Voraussetzungen schafft, für ein gesundheitsförderndes Pausenmanagement. Bis dahin wird der Einzelne sich die gleichen Rechte und Orte erkämpfen oder benutzen müssen, wie man sie dem nicht gerade gesundheitsbewussten Raucher uneingeschränkt zugesteht. Alle ein bis zwei Stunden die Raucherecke, den Balkon, oder die Toilette aufzusuchen, um eine Zigarettenpause einzulegen.

Ist es gelungen einen einzelnen Betroffenen zu einem solchen Selbstversuch eines BRAC orientierten Pausenmanagements einzuladen, dann ist die Resonanz regelmäßig überrascht und überraschend positiv. Die Pause kann sehr kurz sein. 5 - 10 Minuten genügen oft. Und es sollte eine wirkliche Pause sein. Ganz sicher ist es keine Pause, wenn neben einem kleinen Snack noch kurz die e-Mails gecheckt, der Stundenplan korrigiert oder die Sportnachrichten gelesen werden. In der Pause kann man eine körperliche Energieübung, Cardioception, Anafonesis, HEG oder eine andere kohärenzfördernde Methode üben. Man kann auch eine kurze CefaloStim Passage hören. Und man kann dem Stoffwechsel ein Signal senden, dass man die Energiegewinnung nicht aus dem Auge verloren hat. Das hat nichts mit »5 kleinen Mahlzeiten« zu tun. Sie haben im Ernährungsabschnitt gelesen, dass wir davon eher abraten. Es geht lediglich um ein Signal, nicht um Ernährung. Drei bis fünf gut gekaute Mandeln, ein Paar getrocknete Aprikosen, ein Stück Obst oder etwas vergleichbares dieser Art.


Je länger die Perioden sind, die wir rhythmisch gestalten können, um so wirksamer ordnen sich dadurch die kurzwelligeren biologischen Rhythmen. Wenn Sie es also schaffen, Ihrer Woche feste, unverrückliche und selbstbestimmte Pausen der Nicht-Notwendigkeit einzuprägen, werden Sie in vergleichsweise kurzer Zeit die positiven Effekte des BRAC Pausenmanagements noch steigern. Dies kann beispielsweise ein Beziehungsabend, ein fester Termin für kreatives Schaffen, für nicht leistungsorientierten Sport oder Tanz sein, den Sie auch dann einhalten, wenn die äußeren Anforderungen dies anscheinend keinesfalls erlauben. Bedenken Sie: im Vollbild der Burnout Krise müssen Sie manchmal von einem Tag zum Anderen alle, auch die scheinbar unumgänglichsten Verpflichtungen lassen. Ihre Autonomie hingegen wächst, wenn Sie die Pausen auch dann machen, wenn Sie noch können, aber anscheinend nicht dürfen.

Embryologie

Das Herz schlägt, bevor es existiert. Wenige Tage nach dem Zeitpunkt, zu dem der Mensch leiblich ein Individuum
geworden ist, am 15. Tag nach der Befruchtung - mit der Entstehung des dritten Keimblattes, beginnt
als erste rhythmische Eigentätigkeit ein Pulsschlag. Mit dem Eigenrhythmus fängt auch die Eigenzeit an: der
Mensch als das Wesen, das seine eigene Zeit erfinden, bestimmen und vergeuden kann, steht an seinem Anfang.
Dieses Pulsieren beginnt nicht in den Strukturen, die man zum Gewebe des Embryos zählt (Embryoblast, siehe
Glossar), sondern in seinen ihn umgebenden Ernährungsstrukturen (Trophoblast), ganz exakt im extraembryonalen Mesoderm. Dort, jenseits, sozusagen „oberhalb“ der Kopfregion, bilden sich einige unregelmäßige Lagunen, die mit Blut gefüllt sind. Blutgefäßinhalt und Gefäßwand sind noch ein und dasselbe flüssige Gewebe. Mit dem einsetzenden Rhythmus aber differenziert sich aus diesem einheitlichen Gewebe so etwas wie eine erste Gefäßwand
und als Inhalt dieser Flüssigkeitsinseln eine Art Vorstufe des Blutes selbst. Diese Lagunen beginnen zu pulsieren.
Es ist noch kein „Schlag“, vielmehr ein der Sinuswelle vergleichbares Pulsieren. Die Abb. zeigt diesen sinusoiden
Rhythmus und seine Herleitung aus dem einer einfachen Kreisbewegung. Die Ursache dieses Pulsierens
kann wissenschaftlich nicht begründet werden, so dass man es mit der Umschreibung autorythmische Pulsation versehen hat.
Das Bewegen, das zur Struktur erst führt, geht ihr voraus.Da ist kein Herz als Pumpe, vielmehr strömt das
Blut bereits, bevor das Leben als rhythmisches Bewegen das Herz erst hervorgebracht hat. Wenn man an den Zusammenhang von Funktion und Struktur denkt, wird man dies als ein sprechendes Beispiel erkennen können, wie
die Funktion der Struktur vorausgeht und: wie die Funktion dann schließlich aber auch an die gebildete Struktur gebunden ist.

Embryologische Entwicklungsgebärde

Mit voranschreitender Entwicklung falten sich die Gefäße (die aus dem Zusammenfluss der Blutlagunen langsam herausdifferenziert wurden) in einer komplexen Gebärde zu dem ein, was wir Herz nennen. Mit jedem Einfaltungsschritt wird die Rhythmusgestalt komplexer, bis schließlich der von einer Unzahl feiner Rhythmen durchwobene Herzschlag des Erwachsenen hervorgetreten ist.
Der Organismus ist zum Zeitpunkt der Herzentwicklung auf der „Bauchseite“ (Entoderm) noch „offen“, das „Vorherz“ noch anfangs oberhalb des sich bildenden Gehirns zu finden, schließlich vor dem späteren Brustraum. Dort tritt es zum ersten Mal mit dem Embryo in Kontakt: Im Bereich der Urdarmanlage. Dies ist der Impuls der Leberentwicklung.
Innerhalb von 14 Tagen umfängt der sich bildende und einkrümmende Organismus wie ein Mantel das herabsteigende Herz,
dass damit im Brustraum aufgenommen wird, der sich schließlich darüber verschließt. Die typischen elektromagnetischen
Aktivitäten der Herzens entstehen nach und nach koordiniert zusammen mit seiner Reifung und seiner Aufnahme in den Brustraum.
Es hilft, wenn Sie dieses Bild ganz innerlich (leiblich imaginierend) erleben können: das herabsteigende Herz, das aus autonomer
Rhythmustätigkeit hervorgegangen ist, das sich differenziert und schließlich in den Brustraum aufgenommen
und von der Brustwand geschützt wird. Herz und Hirn treten über das autonome Nervensystem und elektromagnetisch in Kontakt
Herz und Gehirn treten über das vegetative (oder autonome) Nervensystem in Kontakt mieinander, die tieferen, für unsere Emotionalität verantwortlichen Hirnareale (Mandelkerne oder Amygdala genannte Region) können sogar in Resonanz mit dem Herz schwingen (Lit. Frysinger 1990).
Zur bloßen Funktion des Herzens als eines Motors der Blutbewegung sind diese Verbindungen nicht notwendig, wie wir aus den Erfahrungen mit Herztransplantationen wissen. Herzkohärenz und eine einigermaßen breit schwingende Herzfrequenzvariablität kann nämlich ein transplantiertes Herz nicht aufbauen, obwohl es gleichwohl als Pumpe zu funktionieren scheint.

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